Editorial
Es ist ein wunderbarer Loriot-Klassiker: der absurde Streit über ein zu hart gekochtes Frühstücksei. Genau viereinhalb Minuten muss ein Ei kochen, darüber sind sich die Eheleute einig. Ehefrau Berta meint, als Hausfrau habe sie die Garzeit „im Gefühl“. „Wieso ist es dann mal zu hart und mal zu weich?“, mosert der knollennasige Ehemann und fragt „Vielleicht stimmt mit deinem Gefühl etwas nicht?“
Wer kennt das nicht, manchmal rennt die Zeit, manchmal scheint sie stillzustehen. Unser Zeitgefühl ist sehr launisch und weicht oftmals von der „gemessenen Zeit“ erheblich ab. Warum eigentlich? Und warum scheint sie im Laufe des Lebens immer schneller zu vergehen?
In dieser Ausgabe dreht sich alles um die Zeit und unseren Umgang mit ihr. Denn kaum etwas ist in unserer gehetzten Gesellschaft so wertvoll geworden. Zeitmanagement kann helfen, sich die Zeit besser einzuteilen, kann aber auch zu noch mehr Stress führen. Wir müssen anerkennen, dass unsere Zeit begrenzt ist. Sie verrinnt und so sehr wir uns auch bemühen, wir haben nie genug davon. Wie also können wir die Zeit, die wir haben und die uns bleibt, sinnvoll nutzen?
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
Warum wir gegen die Zeit nicht gewinnen können
Terminkalender und Zeitmanagement genauso wie Flugzeug, Laptop und Waschmaschine – es gibt unzählige Mittel und Methoden, Zeit zu sparen. Doch unsere Zeit wird nicht mehr, wenn wir effizienter werden. Wir sollten unsere Zeit leben, statt sie mit Aufgaben zu füllen.
Weiterlesen...Zeitempfinden: Immer in Bewegung
Manchmal vergeht die Zeit schneller, manchmal langsamer. Mitunter scheint sie ganz stillzustehen. Viele Leute behaupten, keine Zeit zu haben, andere haben sie angeblich totgeschlagen. Warum ist unser Zeitempfinden so launisch?
Weiterlesen...Unsere Lieblinge
Lesetipp
Wir leben in einer gehetzten Gesellschaft, Zeit ist zu einer kostbaren Ressource geworden, die sehr ungleich verteilt ist. Wir haben ständig zu wenig Zeit, egal ob für Kindererziehung, für die Pflege von Angehörigen, für ehrenamtliches Engagement oder als freie Zeit. Bücker lädt dazu ein, die zermürbende Taktung unseres Alltags zu überdenken und stellt Modelle vor, wie wir anders mit unserer Zeit umgehen und mehr Zeitgerechtigkeit schaffen könnten. Denn auch wenn die Gründe für Zeitknappheit individuell sehr unterschiedlich sind, überwinden können wir sie nur gemeinsam als Gesellschaft.
Teresa Bücker: „Alle_Zeit. Eine Frage von Macht und Freiheit“. Ullstein, 2022. 256 Seiten. 21,99 Euro
Das Zitat
Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.
ASTRID LINDGREN
1907 – 2002, Schriftstellerin
Ideen, die bleiben
ChildFund Deutschland
Es begann 1965 in den USA mit einer kleinen Anzeige in der Zeitung. Die Hilfsorganisation CCF suchte Paten für Kinder in armen Ländern. Die in Michigan lebende Niederländerin Astrid Greiner fühlte sich ins Herz getroffen. Sie übernahm eine Patenschaft für ein Mädchen in Mexiko, das mit dieser Unterstützung einen Schulabschluss und eine Ausbildung machen konnte. Es war ein glücklicher Erfolg, der Greiner fortan nicht mehr losließ. Als sie einen Deutschen heiratete und nach Nürtingen zog, begann sie dort, zahlreiche weitere Patenschaften zu vermitteln.
Durch Greiners außergewöhnliches Engagement wurde sogar die internationale Geschäftsstelle in den USA auf sie aufmerksam und nahm Kontakt mit ihr auf. So kam es, dass Astrid Greiner 1978 das CCF Kinderhilfswerk in Deutschland gründete. Es war ein kleiner Verein, mit dem sie die Arbeit aufnahm. Doch mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Familie und einem großen Netzwerk von Freunden gelang es ihr innerhalb weniger Jahre, zahlreiche Paten zu gewinnen. 1990 erhielt Astrid Greiner dafür das Bundesverdienstkreuz.
Inzwischen wurde aus CCF die Kinderschutzorganisation ChildFund Deutschland, doch das Ziel ist gleichgeblieben: Kindern in Not eine Zukunft zu ermöglichen. Aktuell unterstützen tausende Paten und Spenderweltweit Kinder in mehr als 30 Ländern.
80
Die Zahl
Mehr und mehr Zeit verbringen wir im Internet. Das betrifft vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Doch auch immer mehr ältere Menschen sind ständig online. Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom verbringen die über 65-Jährigen durchschnittlich 80 Minuten am Smartphone. Das ist fast halb so viel Zeit wie jüngere Menschen. Senioren sind damit noch weit davon entfernt, zu sogenannten Smombies, also Smartphone-Zombies, zu mutieren. Allerdings beruhen die Zahlen lediglich auf Selbsteinschätzung und die kann auch mal daneben liegen. Wer es genau wissen will, überprüft unter Einstellungen die eigene Bildschirmzeit.
Schon gewusst?
Erbe für mehr als einen guten Zweck
Kindern helfen oder Tieren? Hilfsprojekte im Globalen Süden fördern oder eher Forschung? Es gibt viele Möglichkeiten, etwas Gutes zu tun. Wer gemeinnützig vererben will, kann seinen Nachlass auch mehreren gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen zugutekommen lassen. Zu beachten ist, dass eine Erbeinsetzung („Ich setze … zum Erben ein“) eine Regelung über das gesamte Vermögen trifft: Die jeweilige Hilfsorganisation wird zum (Allein-)Erben und die sonstigen Erbberechtigten erhalten ihren Pflichtteil. Weitere Stiftungen oder Vereine können zusätzlich mit einem Vermächtnis bedacht werden („Ich vermache …“). Das Vermächtnis sollte möglichst genau benannt werden – etwa für eine bestimmte Summe aus einem Bankguthaben oder bestimmte Sachen. Damit kann die jeweilige Organisation die vermachten Werte von der Erbengemeinschaft herausverlangen.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Das tut gut